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Subjektive Modalverben

Modalverben können objektiv (Fähigkeit, Erlaubnis, etc.) oder subjektiv (Vermutung, Behauptung) verwendet werden.

Objektive vs. Subjektive Bedeutung

Objektive Bedeutung

Drückt Fähigkeit, Erlaubnis, Notwendigkeit aus:

  • Er kann schwimmen. (Fähigkeit)
  • Du darfst hier parken. (Erlaubnis)
  • Ich muss arbeiten. (Notwendigkeit)

Subjektive Bedeutung

Drückt Vermutung, Annahme, Behauptung aus:

  • Er kann krank sein. (Vermutung)
  • Sie dürfte 30 Jahre alt sein. (Annahme)
  • Er will das nicht gewusst haben. (Behauptung)

Die Modalverben im subjektiven Gebrauch

müssen (fast sicher)

Gegenwart:

  • Sie muss krank sein. (Ich bin fast sicher)
  • Das muss ein Irrtum sein.
  • Er muss es gewusst haben.

Vergangenheit:

  • Sie muss krank gewesen sein.
  • Das muss ein Irrtum gewesen sein.
  • Er muss es gewusst haben.

Verneinung: kann nicht / können nicht

  • Das kann nicht stimmen. (NICHT: Das muss nicht stimmen)
  • Er kann das nicht gesagt haben.

können (möglich)

Gegenwart:

  • Er kann Recht haben. (Es ist möglich)
  • Das kann stimmen.
  • Sie können sich geirrt haben.

Vergangenheit:

  • Er kann Recht gehabt haben.
  • Das kann gestimmt haben.
  • Sie kann sich geirrt haben.

Verneinung:

  • Das kann nicht wahr sein.
  • Er kann das nicht gemeint haben.

dürfen (wahrscheinlich)

Gegenwart:

  • Das dürfte schwierig sein. (wahrscheinlich)
  • Sie dürfte 40 Jahre alt sein.
  • Er dürfte schon zu Hause sein.

Vergangenheit:

  • Das dürfte schwierig gewesen sein.
  • Sie dürfte es vergessen haben.
  • Er dürfte schon angekommen sein.

mögen (Einräumung, Vermutung)

Gegenwart:

  • Das mag stimmen. (Es könnte sein)
  • Er mag Recht haben.
  • Sie mag 30 Jahre alt sein.

Vergangenheit:

  • Das mag gestimmt haben.
  • Er mag Recht gehabt haben.

Konzessiv:

  • Mag er auch reich sein, glücklich ist er nicht.
  • Das mag sein, aber...

sollen (Behauptung anderer)

Gegenwart:

  • Er soll sehr reich sein. (Man sagt)
  • Sie soll gut kochen können.
  • Das Hotel soll teuer sein.

Vergangenheit:

  • Er soll sehr reich gewesen sein.
  • Sie soll den Preis gewonnen haben.
  • Er soll gestern angekommen sein.

Indirekte Rede:

  • Er sagt, er solle krank sein. = Er behauptet, krank zu sein.

wollen (Behauptung über sich selbst)

Gegenwart:

  • Er will nichts davon wissen. (Er behauptet)
  • Sie will die Schauspielerin kennen.
  • Er will unschuldig sein.

Vergangenheit:

  • Er will nichts davon gewusst haben.
  • Sie will ihn gesehen haben.
  • Er will zu Hause gewesen sein.

Zweifel an der Behauptung:

  • Er will das allein geschafft haben? (Das glaube ich nicht!)

Zeitformen mit subjektiven Modalverben

Gegenwart

Modalverb + Infinitiv I

  • Er muss krank sein.
  • Sie kann zu Hause sein.

Vergangenheit

Modalverb + Infinitiv II (Partizip II + haben/sein)

  • Er muss krank gewesen sein.
  • Sie kann es vergessen haben.
  • Er soll gestern angekommen sein.

Passiv

Gegenwart:

  • Das muss gemacht werden.
  • Der Brief kann geschrieben worden sein.

Vergangenheit:

  • Das muss gemacht worden sein.
  • Der Brief kann geschrieben worden sein.

Grad der Sicherheit

Skala von sicher bis unsicher

  1. müssen (fast sicher - 90-95%)

    • Das muss er sein.
  2. dürfte (wahrscheinlich - 70-80%)

    • Das dürfte stimmen.
  3. mögen/können (möglich - 40-50%)

    • Das mag/kann sein.
  4. könnte (Konjunktiv II - weniger wahrscheinlich - 20-30%)

    • Das könnte stimmen.

werden + wohl (Alternative zu Modalverben)

Vermutung:

  • Er wird wohl krank sein. (= Er dürfte krank sein)
  • Sie wird wohl nicht kommen. (= Sie dürfte nicht kommen)
  • Er wird wohl Recht haben. (= Er dürfte Recht haben)

Typische Kontexte

Alltagssprache

  • Das muss ja toll gewesen sein!
  • Er kann das nicht ernst meinen.
  • Sie wird wohl im Stau stehen.

Nachrichten/Berichte

  • Der Täter soll gefasst worden sein.
  • Es soll zu Protesten gekommen sein.
  • Die Kosten dürften steigen.

Wissenschaft

  • Diese Theorie dürfte zutreffend sein.
  • Die Ergebnisse können variieren.
  • Das muss noch untersucht werden.

Häufige Fehler

Verwechslung objektiv/subjektiv

❌ Er muss zur Schule gehen. (objektiv = Pflicht) ✅ Er muss in der Schule sein. (subjektiv = Vermutung)

Falsche Verneinung

❌ Das muss nicht stimmen. (bedeutet: es ist nicht nötig) ✅ Das kann nicht stimmen. (Vermutung: es ist nicht möglich)

Falsche Zeitform

❌ Er muss gestern krank sein. ✅ Er muss gestern krank gewesen sein.

Übungen

Übung 1: Objektiv oder subjektiv?

Bestimmen Sie die Bedeutung:

  1. Sie kann Auto fahren.
  2. Er kann im Büro sein.
  3. Du musst pünktlich sein.
  4. Das muss ein Fehler sein.

Übung 2: Drücken Sie Vermutungen aus

Verwenden Sie passende Modalverben:

  1. Ich bin fast sicher, dass er zu Hause ist.
  2. Es ist wahrscheinlich, dass sie kommt.
  3. Man sagt, dass er reich ist.
  4. Er behauptet, nichts gesehen zu haben.

Übung 3: Vergangenheit bilden

  1. Sie muss krank sein.
  2. Er kann es wissen.
  3. Das dürfte teuer sein.
  4. Er will es gesehen haben.